Free Fire (2016)

Man stelle sich folgende Ausgangssituation für einen Film vor: 10 Kriminelle treffen sich in einer abgewrackten Fabrikhalle, um einen Waffendeal über die Bühne zu bringen. Nur kurze Zeit später gibt es einen kleinen Konflikt, der schließlich eskaliert und bald darauf entwickelt sich ein Feuergefecht, in dem jeder auf jeden schießt. Was wie ein simpel gestrickter Drehbuch-Einfall eines B-Movie-Enthusiasten klingt, beschreibt tatsächlich ziemlich genau den Kern von Ben Wheatleys neuem Film Free Fire. Leider konnte er dieser reduzierten wie gewagten Grundidee keine fesselnde Inszenierung entgegensetzen, weshalb das Endergebnis – sinnbildlich gesprochen – erstaunlich blutleer ausfiel.

Wheatley gab im Vorfeld an, dass er einen Film machen wolle, der den Zuschauer direkt ins actionreiche Geschehen katapultieren würde. Und es dauert in der Tat nur 15 Minuten bis die ersten krachenden Schüsse fallen. Was danach folgt, macht dem Titel des Werks alle Ehre, denn bald wird aus jedem Winkel geschossen und jeder Beteiligte dadurch zur potenziellen Zielscheibe. Während dieser bleihaltigen Auseinandersetzung macht sich beim Zuschauen allerdings ein merkwürdig ambivalentes Gefühl breit. Denn zum einen überrascht die Schießerei durch ihr mehr realistisches als überzeichnetes Gewand, andererseits wirkt das Geschehen dadurch unerwartet zäh und langatmig, was bei einer Laufzeit von 90 Minuten kein wirklich gutes Zeichen ist. Zudem scheint Wheatley nicht so recht zu wissen, wo genau er seinen Film positionieren will. Es fallen hin und wieder sarkastische Sprüche, die aber nie witzig genug sind, um einer Komödie gerecht zu werden. Für einen Actionfilm wiederum sind die entsprechenden Sequenzen nicht spektakulär genug, was zwar so beabsichtigt ist, allerdings zu Lasten der Erinnerungswürdigkeit des Werks geht.

Es sind eher die so menschlich wie skurril anmutenden Situationen, die im Gedächtnis bleiben. Etwa, wenn einer der Charaktere vor lauter Anspannung vergisst, auf welcher Seite er eigentlich steht. Oder wenn sich ein anderer Beteiligter Armschützer aus Pappe bastelt, um sich vor Infektionen zu schützen. Die sympathisch-unsympathischen (Schieß)figuren und deren Darsteller sind es auch, die Free Fire vor der Bedeutungslosigkeit retten. In der Tat hat Wheatley eine exquisite Besetzung zusammengetrommelt, die das Beste aus dem ideenarmen Drehbuch herausholt und so der flachen Handlung Leben einhaucht. Besonderes Lob verdient sich hier Sam Riley, der sichtlich Spaß an seiner Rolle des abgewrackten Handlangers Stevo hat. Aber auch die Darbietungen von Armie Hammer, Sharlto Copley und Jack Reynor bereiten ein immens großes Vergnügen. Lediglich Oscarpreisträgerin Brie Larson als einzige Frau im Film wirkt bedauerlicherweise unterbeschäftigt, was vor allem an der trivialen Figur der Vermittlerin Justine liegen dürfte.

Man glaubt irgendwie zu ahnen, welche Art Film Ben Wheatley mit Free Fire im Sinn hatte. Inmitten der Schüsse, der 70er-Jahre-Coolness und den häufig erklingenden John Denver-Songs steckt auch tatsächlich irgendwo ein außergewöhnlicher Genrebeitrag, der jedoch nie so ganz zum Vorschein kommen will. Es fehlt dem Action-Streifen schlicht und einfach das gewisse Etwas, woran auch der sich mit zunehmender Laufzeit steigernde Brutalitätsgrad nichts ändern kann. Wo der ähnlich aufgebaute Reservoir Dogs von Quentin Tarantino Spannung und schwarzen Humor raffiniert vereinen konnte, bleibt Free Fire im besten Fall ein interessanter, aber wirkungsloser Aufguss. Genau wie der Klassiker von 1992 wäre der Film gerne Kult, wird in Wahrheit aber sicherlich schnell wieder vergessen.

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